HAUPTSEITE    UNSER WERK    DIE HEILIGE SCHRIFT   
BIBLIOTHECA THEOLOGICA "PORPHYROGENITUS"    BUCHHANDLUNG          
  HEILIGEN WALLFAHRTORTES     THEOLOGISCHE STUDENTENHEIM   
| Diakonia | Links | Taufe |Multimedias

1600 Jahre seit der Koimesis des Heiligen Chrysostomos

Kirche und Schulen

Kirche, Schulen und Wissenschaft zur Zeit der Türkenherrschaft

Konstantinos Gallos

Die Bedeutung der Kirche als Bildungsträger und ihr Beitrag zur Entwicklung der Naturwissenschaften

Die Epoche der Osmanherrschaft ist für das griechische Volk eine Quelle für lebendige Beispiele von Ethos und großen Taten. Trotz des bekannten nationalen Unheils, des seelischen Leides und der Demütigungen stellte es den Beginn des Heranreifens eines neuen Modells gesellschaftlichen, ethischen und geistigen Lebens dar. Unser Volk verdankt dem Bildungswesen in der Epoche der Türkenherrschaft sehr viel. Ein bekannter Topos ist heute, dass die Erziehung in jenen düsteren Zeiten wesentlich zur Wahrung unserer nationalen Traditionen und Ideale, zur Stärkung des religiösen Glaubens und Festigung des Nationalbewusstseins beitrug. Es besteht kein Zweifel, dass es jene Waffe war, die das "unglückliche Geschlecht" der Griechen - wie Mathäus Kamariotis, der erste Lehrer und Rektor der Megali tou Genous Scholi (der Großen Schule der Nation) sagte - aufrecht erhielt.

Die Bildung stärkte den kämpferischen Geist des kämpfenden griechischen Volkes und verlieh durch seine bedeutenden ideologischen Stützen, den Glauben und das Vaterland, - erinnern wir uns nur an jene hochgesinnte Vision "Vorwärts für den heiligen Glauben Christi und für die Freiheit des Vaterlandes" - nicht nur dem Kampf um die Wiedererlangung der Freiheit Flügel, sondern trug auch erheblich zur Sicherung der Bedingungen für Fortschritt und Wohlstand bei.

Niemals darf in unserer Erinnerung die Tatsache verblassen, dass der Grundstein für die effiziente Vorbereitung des Volkes auf seinen Unabhängigkeitskampf von den geistreichen Lehrern des Volkes gelegt wurde, die mit der aufmerksamen Wachsamkeit der volksführenden Kirche - des Ökumenischen Patriarchats - die Schulen des geknechteten Griechentums gründeten. Daher ist es eine unbedingte Notwendigkeit, dass wir das Wirken jener Schulen zur Zeit der osmanischen Herrschaft in allen ihren Ausprägungen kennen lernen.

In Zeiten, wo die Bedrohung durch die Finsternis der osmanischen Tyrannei alles überschattete, vollbrachte der Glauben Wunder. Und die Bildung, die der Glauben natürlich erwärmte. Bildung und Kirche waren die Zwillingswaffe, mit der die bleiche Hand hungernder Sklaven für den Schlag gegen ein ganzes Kaiserreich ausholte. Dies war die Kraft, die übergroß wurde und den erlösenden Schlag ausführte, indem sie eine geheime Umwandlung durchlief (von der Kirche initiiert), die Kraft, die den Namen Bildung trägt.

Die griechische Freiheit zog vor ihrer Verwirklichung durch die Schulen, die unter den Geburtswehen der Sklaverei entstanden. Die Schulen unter der Türkenherrschaft, die die Kirche organisierte und der Glaube und die Sehnsucht nach nationaler Wiederherstellung inspirierte, sind lebendige Realität. Von geringer Zahl während der ersten zwei Jahrhunderte nach dem Fall Konstantinopels, vermehrten sie sich später, um im 17. und 18. Jahrhundert Fackelträger für den Aufstand des Volkes und die Verwirklichung der nationalen Sehnsüchte zu werden.

Wie Steven Runciman richtigerweise betont, haben weder Martin Crusius noch P. Kipper Recht, die die Meinung vertraten, dass das Bildungswesen in der Zeit der Türkenherrschaft in Griechenland gänzlich erloschen war. Zu Unrecht bekunden sie, dass die Griechen im Gegensatz zu anderen Balkanvölkern wie den Serben oder den Bulgaren keine bedeutende Entwicklung "aus eigenem Verschulden" zu verzeichnen haben.

Während der Zeit von der Mitte des 16. Jahrhunderts an können wir ein erstes Erwachen, was die geistige Bildung des versklavten Geschlechtes angeht, feststellen, die unter Aufsicht der Kirche stattfand. Damals werden in kürtester Zeit viele sogenannte öffentliche Schulen (scholae triviales), Museen, Akademien, Ellinomuseia gegründet, aus denen der Spross des nationalen Selbstbewusstseins emporkeimt.

Nach dem Fall Konstantinopels war die Lage äußerst düster. Auf jeden Fall war die geistige Tätigkeit nicht vollends erschlafft. Auch schon im 15. Jahrhundert und während des gesamten 16. und 17. Jahrhunderts können wir zahlreiche Bemühungen feststellen, die unter Aufsicht und mit tatkräftiger Unterstützung der Kirche das vollständige Erlöschen des geistigen Lichtes zu verhindern suchten.

Im Laufe der Zeit verstärkt sich das Bemühen um die Verbreitung der Bildung, bis, am Anfang des 18. Jahrhunderts angelangt, zögerlich zu Beginn, später mit rasanter Schnelligkeit die Entwicklung nicht nur der Theologie und Philologie sondern auch der Naturwissenschaften zu beobachten ist. Es ist die anbrechende Morgenröte der geistigen Bewegung, wie der große Kirchenhistoriker Manuel Gedeon sehr richtig bemerkt, einer Bewegung, die die Wissenschaften vorantreibt und deren Vorstoß mit beachtenswertem Mitgefühl von kapitalkräftigen Gelehrten (unter ihnen zahlreiche Kleriker), Händlern und Phanarioten verwirklicht wurde. Schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts ist in Europa eine Explosion des wissenschaftlichen Geistes und des philosophischen Denkens zu beobachten. Es entwickeln sich die Naturwissenschaften, besonders die Medizin, die Chemie, die Physik aber auch die Rechtswissenschaft, die klassische Bildung, die Archäologie und die Philologie.

Die Blüte der neuen Ideen und des Fortschritts der Wissenschaften allgemein sowie die Ideen der französischen Aufklärung werden Anfang des 18. Jahrhunderts auch nach Griechenland importiert, da inzwischen viele griechische Studenten, unter ihnen viele Geistliche, ihren geistigen Horizont an den Universitäten von Venedig, Padua, Wien usw. erweitern.

Diese schrittweise Renaissance des griechischen Bildungswesens, die zur Aufklärung des 18. Jahrhunderts führte, bestand bis in die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts hinein weiter. In dieser Zeit ist zu beobachten, dass an den neugegegründeten Schulen die Schüler über die Verbesserung der grammatischen Studien hinaus auch in den Geist der Naturwissenschaften eingeführt werden. In den neugegründeten griechischen Zeitungen wie dem "Logios Ermis" werden neuartige wissenschaftliche Abhandlungen veröffentlicht und gleichzeitig eine große Anzahl europäischer wissenschaftlicher Studien übersetzt.

Vorreiter dieser Blüte der Naturwissenschaften aber auch Initiator der Aufklärung war der berühmte Geistliche und Gelehrte Evgenios Voulgaris (1716-1806), der 1776 in Leipzig sein Werk "Die Logik zusammengetragen aus älteren und neueren Schriften" veröffentlichte. Desweiteren müssen als bedeutende Vertreter der neugriechischen Aufklärung des 18. Jahrhunderts Nikiphoros Theotokis (1736-1804), Benjamin von Lesbos (1762-1824), Dorotheos Proios, Ignatios aus der Ungarnwalachei und andere Geistliche genannt werden, die sich als großartige Wissenschaftler herausstellten und wesentlich und zweckdienlich zur Blüte der Naturwissenschaften beitrugen. Es ist charakteristisch, dass Evgenios Voulgaris folgende Aufschrift an die Schule auf Berg Athos, wo er unterrichtete, Platon nachahmend schrieb: "Überlege es dir und tritt ein, ich hindere nicht den, der nicht durch die Tür will."

Beispielhaft für das Gären und die Auseinandersetzungen im Bereich der Naturwissenschaften ist auch der sogenannte Geometrie-Streit, der im Raum der Kirche entstand. Er beweist in unangreifbarer Weise den elementaren Beitrag der Kirche zu den wissenschaftlichen Forschungen jener Zeit. Wie K. Sathas bemerkt, "wurde der bekannte Streit zwischen Evgenios Voulgaris und Balanas geboren. Weil letzterer, sehr erfahren in den Dingen der elementaren Geometrie, aber unwissend, was höhere mathematische Begriff angeht, glaubte, das berühmte Problem zweier analoger Geraden, die sich in ständiger geometrischer Analogie befinden, gelöst zu haben; er schickte die Lösung an die europäischen Akademien, ohne sie seinem Widersacher Evgenios bekannt zu machen. Die Schüler Balanos´, Zervoulis und Georgios, druckten sie in Venedig (1755) und Voulgaris erhielt das Buch in Athen von Tryphonas (1755) und in einem Brief an den Absender widerlegte er die Lösung mit einem übermäßigen jugendlichem Ehrgeiz". In der Zeit von 1700 bis 1820, wie der Historiker und Forscher G. Karras vermerkt, stammen von einer Gesamtzahl von 33.512 Manuskripten aller Wissenschaftler 4.466 aus dem 18. Jahrhundert und 915 aus den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts.

Eine bedeutende Anzahl der oben erwähnten Manuskripte werden speziell von hervorragenden Geistlichen studiert, die sowohl der Kirche als auch dem Bildungswesen erfolgreich dienen. Nikiphoros Theotokis druckt die "Elemente der Physik", "seine Schüler bedauernd und unablässig die Mühe und Arbeit der Abschrift vor Augen", wie er schreibt. Balanos Kosmas druckt seine Mathematik, während Iosipos Moisiodas die Theorie der Geographie druckt. Benjamin von Lesbos steht an der Spitze des Vorstoßes der Naturwissenschaften und verkündet: "Wo es den Fortschritt der Wissenschaft gibt, da ist Reichtum und Kraft, und dort, wo diese Künste und Wissenschaften fehlen, dort ist Verderbnis und Unheil".

Der "Ermis o Logios", das führende Magazin für die Entwicklung des wissenschaftlichen Geistes im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts, hält es für unabdingbar, dass die griechischen Kinder über Kenntnisse in Geometrie, Arithmetik, Geographie, Medizin und Chemie verfügen, Kenntnisse, die im alltäglichen Leben absolut notwendig sind sowie auch das Bedürfnis nach Beständigkeit des Glaubens und der orthodoxen Tradition des Volkes.

Es ist offensichtlich, dass wir uns an einem Höhepunkt wissenschaftlicher Auseinandersetzungen befinden, wie der Historiker Konstantinos Paparrigopoulos betont, der zwar kein nennenswertes Kunstwerk hervorbrachte, jedoch, wie es in jener Zeit natürlich war, die Basis für den praktischen Unterbau bildete, der den Raum für eine vielseitige Herausbildung der Kunst in der Zukunft gewährleistete. Diesbezüglich sagt unser National-Historiker: "... Wahrhafte Produkte des geistigen Lebens sind die philologischen, die wissenschaftlichen, die technischen Werke. Und dass die Kunst kein geniales Werk hervorgebracht hat, wert im Gedächtnis zu bleiben in jener Zeit unseres geistigen Lebens, das ist nicht nötig zu beweisen...".

Benjamin von Lesbos, herausragender Mathematiker und Astronom, ein Kleriker, nimmt bereitwillig die Zeichen der neuen Zeit an und arbeitet mit brennendem Eifer für die Verbreitung des Lichtes der neuen, so notwendigen Erkenntnisse der naturwissenschaftlichen Ausrichtungen an die griechischen Kinder. Er unterstützt den großen Wert der orthodoxen Tradition, während er gleichzeitig mit der Bestimmtheit seiner großen wissenschaftlichen Bildung verkündet, dass "wir Bedarf an neuen Büchern haben, die bereits vorhanden sind, wie die der physikalischen Prozesse, der Chemie und der Mathematik, also all jener, die seit 1805 erschienen sind".

Die Kirche nutzte angesichts dieser Realität des neuen Bildungswesens und der neuen verschärften Bedürfnisse zur Wiedererlangung der Freiheit und der Verwirklichung der nationalen Sehnsüchte die bestehenden Umstände und hielt mit weiser und bedachter Haltung mit wenigen Ausnahmen an der strengen Ausrichtung auf die Vision der nationalen Ziele fest.

Nach Professor Vl. Pheidas war das Bildungswesen "nicht Selbstzweck, da es als mystische Geheimlehre für die Bewahrung und Stärkung des nationalen Selbstbewusstseins und der Hoffnung fungierte". Die negative Kritik mancher Forscher, was die reservierte Haltung der Kirche in Bezug auf den massenhaften Einzug der neuen europäischen Ideen angeht, die die Entwicklung der Wissenschaft in der Regel zu Lasten der Ethik und des traditionellen Geistes propagierten, ist falsch. Die Kirche, als Träger des wahren Geistes des östlichen Christentums im Sinne der Erhaltung der erlebten, hohen Wahrheiten, die aus der orthodoxen Tradition hervorgehen, bewahrte inmitten großer Schwierigkeiten und funktioneller Mängel die strenge Ausrichtung auf die originären Werte des christlichen Glaubens, aber schloss sich denoch bewußt den wahren Pionieren des wissenschaftlichen Denkens an. Während der Dauer dieses harten Kampfes, "in den Wirren jener Leidenschaften zwischen den Altphilosophen und den neuen Wissenschaften, zwischen scholastischen, gelehrten Fanatikern und Wissenschaftlern und nicht fastenden, gottlosen Mathematikern", wie M. Gedeon bemerkt, überkamen die Anfänge der französischen Revolution Gebiete, die in einer anderen geistigen Tradition lebten. Die Ideen von Rousseau und besonders Voltaire brachten starke, unveränderliche Dogmen ins Schwanken und es ist wahr, dass sich die Kirche inmitten eines Sturmes befand, dessen gottlose und überhebliche Wellen ihr Boot mit ernsthaften Stößen umherwarfen. "Deshalb sprach die orthodoxe Ostkirche zwar am Ende des vergangenen Jahrhunderts", so schreibt M. Gedeon, "ein strenges Urteil aus" gegen die neue Philosophie, aber weder verurteilte sie Christodoulos, den frei Philosophierenden, so wie sie früher auch nicht Evgenios verurteilt hatte, oder Tryphonas und Zarzoulis, weder Moisiodakas noch Theotokis..., sondern verurteilte den an den zeitgenössischen Ideen Erkrankten".

Die Aufklärung, ein Phänomen, das bei den europäischen Staaten und besonders in Frankreich mit den Enzykoplädisten stark auftrat, überschritt die Grenzen des versklavten Geschlechtes zur Zeit einer offensichtlichen wirtschaftlichen Blüte. Da aber, wie Vl. Pheidas und N. Zacharopoulos vermerken, die Aufklärung im Westen mit Ereignissen und antireligiösen Umständen verbunden war, war es natürlich, dass eine konservative Gruppe gelehrter Griechen und Kirchenmänner aus vorbeugenden Gründen, die sich auf den Erhalt der existierenden Echtheit des orthodoxen Geistes bezogen, eine zurückhaltende oder manchmal auch feindliche Haltung dem Geist und dem gesellschaftlichen Klima, in dem er entstand, einnahmen. Diese Zurückhaltung steht jedenfalls in keinem Zusammenhang mit einer feindlichen Haltung gegen die Naturwissenschaften, deren ursprüngliche Funktion die Kirche unterstützte.

Es ist nicht von geringer Bedeutung, dass gelehrte Geistliche sich als hervorragende Vertreter der Wissenschaften herausstellten, nicht nur durch das Verfassen innovater Studien, sondern auch durch Übersetzungen bedeutender fremdsprachiger wissenschaftlicher Abhandlungen, durch Sammeln und Abschreiben der Manuskripte, deren Einordnung in die neugegründeten Bibliotheken, aber auch durch die Rezension von Publikationen und deren Kommentierung. Dies ist ein Werk der Kirche von historischer Bedeutung und eine Errungenschaft, die niemand übersehen kann. Die Kataloge der Bücher, die in jener Zeit herausgegeben wurden, vermitteln uns ein klares Bild vom wesentlichen Beitrag der Kirche zur Fundamentierung des wissenschaftlichen Geistes und besonders zur Kultivierung aller Bereiche des menschlichen Wissens.

Sehr viele Kirchenmänner, Gelehrte mit tiefer Kenntnis sowohl der theoretischen Fächer als auch der Naturwissenschaften, waren federführend beim edlen Wettstreit des Verfassens und Druckens von gewöhnlich schriftlichen Hilfsmitteln über Chemie, Arithmetik, Geometrie u.a. "auf eigene Kosten" Sie hatten begriffen, dass die Vermittlung von Bildung schwierig, wenn nicht sogar unmöglich war, ohne das Vorhandensein von Lehrbüchern. Um die im Laufe der Zeit wachsenden Bedürfnisse nach Bildung zu decken, gaben sie Studien in Mathematik und Geometrie heraus, beschäftigten sich mit Übersetzungen fremdsprachiger Abhandlungen berühmter europäischer Wissenschaftler, während sie selbst mit ihrer bewundernswerten geistigen Vielseitigkeit für die damalige Zeit bedeutende Studien historischen, philosophischen, medizinischen, astronomischen, juristischen Inhaltes verfassten!

Die Kataloge der Bücher, die in jener Zeit der griechischen Aufklärung das Licht der Welt erblickten, bezeugen eindeutig den Höhepunkt, den die wissenschaftliche Bewegung unter den Vorreitern, den Männern der Kirche, erlebte. Die Werke von E. Legrand, von Papadopoulos - Vrettou Andreou, von Ginis Mexas, von Dimitrakopoulos sowie die diesbezüglichen Artikel von Manuel Gedeon und Sophronios Evstratiadou beweisen die Richtigkeit des Gesagten.

Das Phänomen der Entwicklung der Naturwissenschaften im 18. Jahrhundert beinhaltet den Höhepunkt der geistigen Auseinandersetzungen, die während der für das griechische Volk schwierigen Zeit der Osmanherrschaft stattfanden. Die Finsternis der damaligen Zeit mit der fehlenden Freiheit, den ungünstigen Lebensbedingungen und dem Unwissen stellten keine ernsthaften, unüberwindbaren Hindernisse für die geistige und nationale Wiedergeburt dar. Die Kirche spielte als natürlicher und geistiger Führer eine ungeheuer bedeutende Rolle bei der Förderung der Naturwissenschaften und allgemein bei der Entwicklung des Bildungssystems. Die wenigen Ausnahmen zurückhaltender Aufnahme des neuen Geistes von Seiten der Kirche bestätigen nur die Regel. Diese Zurückhaltung bezieht sich auf die kritiklose Einfuhr neuer Lebensarten, die das Ethos und die lebende Wahrheit der Kirche bedrohten. Schwerwiegend ist die Meinung von Manuel Gedeon diesbezüglich. "Keine fremden Lehren und Dogmen erschütterten das Bewusstsein der orthodoxen Geistlichen, sondern es gab Volksgelehrte, die unangenehme Themen erneut anrissen und damit den Zorn der Kirche auf sich zogen und die gleichermaßen die Rache gegen weise Männer hervorriefen, deren geistige Überlegenheit sie mit Unwillen sahen".

Es war natürlich, dass die Kirche auf diese neuen Fakten, die wichtige Werte anzweifelten, reagierte. Sie wollte, dass der Glaube vorherrschendes und lebendiges geistiges Bollwerk und Kraft bleibe, besonders in jener Zeit, in der die nationale Wiederherstellung einen tiefen Einklang der Seelen voraussetzte, eine geistige Einheit und Wachsamkeit, hohe sittliche Moral, also Tugenden, die vor allem dem Glauben entspringen. Sehr richtig verband die Kirche den wahren Fortschritt mit dem Schmieden des Glaubensgeistes und der Hoffnung. Wenn deren Bewahrung nicht beeinträchtigt wurde, wurde sie bereitwillig Beihelfer des neuen wissenschaftlichen Geistes. Sie war sich ihrer immensen Bedeutung bewusst, die die glaubensnahe Durchführung eines nationalen Kampfes enthält. Die Ideen über die Selbstbestimmung des Menschen und der Welt, die Gelehrte die im Westen studiert hatten propagierten, erschreckten zu Recht die Priester, die um die Gestaltung des Vorbildes des christlichen Menschen bemühten waren.

Lassen wir uns noch einmal Manuel Gedeon folgen. Er vertrat die Stellung der Kirche, die auf Verteidigungsposition ging, wenn die orthodoxe Moral aufs Spiel gesetzt wurde, wenn der Glaube und das christliche Gewissen erschüttert wurden, und sagte: "Unsere orthodoxe Kirche nahm eine vernünftige Haltung an, weder verurteilte sie mit synodalen Ächtungen Iosipos Moisiodakas, der es wagte mitten in diesem furchtbaren Wettstreit der Gelehrten, die sich mit den Händlern zusammen gegen die Neuphilosophen verbündeten, den Klerus" und die heilige Erziehung von dem Bündnis der peripatetischen Philosophie abzutrennen, der es wagte neuartige Dinge für jene Zeit zu schreiben und zu lehren; "weder Franken, noch die neue Philisophie verdirbt also, sondern vor allem der Nihilismus verdirbt und wirft den Menschen in den Abgrund der Gottlosigkeit".

Es ist möglich, dass Benjamin von Lesbos, Evgenios Voulgaris, Nikiphoros Theotokis u.a. bei der Einführung der neuen Ideen, die die Naturwissenschaften begründeten, auch von Seiten der alten Lehrer und Oberhäupter der Kirche auf Widerstände stießen. Aber diese Widerstände, wie die von Athanasios Parios, Nikodemos Hagioritis, Jeremias III. waren zu Gunsten des Geistes, da sie das Entstehen eines Klimas geistigen Wettstreits begünstigten, das wiederum zum Erblühen der Wissenschaft beitrug.

Die meisten der Kirchenlehrer, die alle über die neuere europäische Bildung verfügten, hörten nicht auf, ihren Glauben an das Christentum und die orthodoxe Tradition zu bekunden. Sie hatten das tiefe Bewusstsein, dass die Errungenschaften der Wissenschaft nicht das metaphysische Wesen und den geheimnisvollen - befreienden Inhalt der Orthodoxie in Zweifel ziehen konnten. Beispielhaft für den unerschütterlichen Glauben und die Hingabe zur Wissenschaft ist das, was Benjamin von Lesbos wenige Monate vor der Revolution von 1821 in seinem Buch mit dem Titel "Geometrie" schreibt. "Wie es scheint gelang es der göttlichen Vorsehung im 18. Jahrhundert, dass die Pieridischen Musen in ihr Heimatland zurückkehrten und auf den Parnassos kamen. Und das Licht, das von großen Geistern verkündet wurde, strömte hinein in den Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts und gab den Bewegungen des Lebens nie dagewesene strömende Kraft und Energie".

Die Nation erhob sich, um die osmanische Tyrannei abzuschütteln, als die Umstände herangereift waren, die von der Kirche und den Schulen der Sklaverei vorbereitet worden waren. Es erreichte die Befreiung mit der erhellenden Bildung, die im opferbereiten Klima der Großen Kirche Christi "atmete". Des Ökumenischen Patriarchats.

In Konstantinopel bestand immer - eine Bestätigung der kirchlichen Privilegien und der duldenden Haltung des Sultans in geistigen Fragen und Verwaltungsangelegenheiten - die Akademie des Patriarchats, oder wie sie auch später genannt wird I Megali tou Genus Scholi, und hörte während der 500 Jahre nie auf zu bestehen. Es gab noch einige allgemein bildende Elementarschulen, die später höhere Schulen wurden, von denen einige Schlaglichter der geistigen Erleuchtung wurden, wie die Patmias Schule in Smyrna (von dort kam eine Reihe von Theologen und Gelehrten von einmaliger Größe, die die geistig trockene griechische Erde bewässerten) und andere wertvolle Schulen, wie die Schule von Ambelakia, Tyrnavos, Servia, Kozani, die berühmte Athonias Schule u.a. In jenen schwierigen Jahren spielte die Kirche eine entscheidende Rolle bei der Befreiung. Die ganze Verantwortung für die Bildung lastete auf der Kirche. Die Kirche prägte das pädagogische Programm, speiste die Schulen mit Personal aus ihren ausgebildeten Führungskräften und deckte die Kosten aus ihren Einnahmen. Der Lehrer ist jetzt gleichzeitig auch Geistlicher und Mönch. Aber auch der Gelehrte ist gewöhnlich gleichzeitig Metropolit oder Archimandrit. Kirche, Bildung und Literatur werden von denselben geistlichen Funktionsträgern bedient. An der Spitze aller steht selbstverständlich der Patriarch. Er ist das Haupt, der natürliche und gesetzliche Führer des versklavten und zersprengten Geschlechtes.

Es handelt sich selbstverständlich um den Patriarchen von Konstantinopel. Ein - zwei Mal jedoch in dunklen Stunden des Schreckens gingen die Zügel stillschweigend nach Jerusalem oder Alexandria über. Die weltlichen Lehrer und Gelehrten waren in den ersten Jahrhunderten der Sklaverei sehr selten. Die Kuttenträger hatten das Monopol in Literatur und Bildung, zusammengeschlossen in einem Kloster, wo die Geistlichen die Möglichkeit hatten, sich geistig zu entwickeln und als Führer in einem bestimmtem Moment zu agieren, in dem die große national befreiende Revolution ausbrechen würde.

Das Ökumenische Patriarchat ist im wahrsten Sinne des Wortes ökumenisch. Ein Ersatz der byzantinischen Verwaltung. Ein Kirchenstaat, der aus den Grenzen des osmanischen Rechtes herausfließt. Seine Instrumente, alle jene, die er mit seiner Bildung erleuchtet hat. Die Lehrer und Gelehrten, die auch gleichzeitig Geistliche sind. Literatur, Bildung und Kirche sind Begriffe, die verflochten sind und sich gegenseitig nähren, indem sie dem Glauben und der Nation vom niedriggestellten Mönch bis zum höchsten Primas und dem Patriarchen selbst mit der gleichen Hingabedienen. Das versklavte Griechenland lernte zwei Perioden geistiger Wiedergeburt kennen, bis wir die Zeit der Aufklärung erreichen. Beide inszenierten Träger großer Titel, gekleidet in Kutten. Es waren Kyrillos Loukaris für die erste und Evgenios Voulgaris für die zweit. Das Ideal der griechischen antiken Schönheit, als deren Bewahrer sich die Kirche erklärt hatte, wird kurzzeitig angesichts der Gefahren, die inzwischen durch die Latinisierung auftraten, gehemmt.

Die Polemik einiger Historiker gegen die Kirche, was das Thema der Sprache angeht, ist ungerecht, weil die Kirche formell die Volkssprache aus Angst vor der Entfernung von der antiken "klassischen Schönheit" bekämpfte. Im Grunde erlaubte sie offiziell deren Gebrauch, damit das Volk erleuchtet werde. Von der Kirche ging in bedeutendem Maße die Kultivierung der Volkssprache aus, so seltsam das auch erscheint. Zum eindeutigen Beweis brauchen wir nur die Menge ihrer Lehrenden anführen, die inspiriert predigten und plastische und vorbildliche Beispiele der Volkssprache hinterließen und somit ihre Rechte garantierten. Dieses ganze geistige Festmahl, dass die Sklaven der Osmanen erhellte und sie bewusst darauf vorbereitete, die Fahne der Revolution zu hissen, fand inmitten einer Vielzahl von Schwierigkeiten statt und zeigt das Ausmaß des wirklich kolossalen Beitrags der Kirche zum Befreiungskampf von 1821. Der Aufstand des 17. Jahrhunderts wurde mit drei erhängten Patriarchen bezahlt. Von den Dutzenden von Patriarchen, die von der Auflösung des byzantinischen Reiches bis zur großen Stunde 1821 inthronisiert wurden, schlossen nur 13 ihre Augen friedlich. All die anderen Hunderte von Bischöfen starben erdolcht, erdrosselt, in Verbannung, eingekerkert...

Dies als nötige Antwort auf einige zeitgenössische Verfälscher der Geschichte. Als "Arche des Sklavengeschlechtes", nahm die griechische Kirche, wie der führende Historiker Konstantinos Paparrigopoulos bemerkt, die ganze Last der Bildung und Erziehung auf sich, die die "sich im Dunkeln und Schatten des Todes" befindenden Sklaven der Osmanen erleuchtete und erwärmte. Sie trug wesentlich und zweckdienlich zur Sache der Befreiung bei. Wie recht hatte doch Therianos, als er sagte: "die orthodoxe Kirche erweckte die griechische Bildung in erhabenen und schwierigen Zeiten zum Leben, und war Erzieherin, aber auch Retterin in Tagen der Verderbnis und des Unglücks..."

{  kontakt