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Teil A
Die Personlichkeit des leidgepruften Heiligen Johannes Chrysostomos

1.Biographie des Chrysostomos

2. Chrysostomos besteigt den Patriarchenthron von Konstantinopel

3. Verurteilung und Verbannung von Chrysostomos

Die Größe der Priesterwürde nach dem Heiligen Johannes Chrysostomos

Die Persönlichkeit des leidgeprüften Heiligen Johannes Chrysostomos

  1. Biographie des Chrysostomos

Johannes Chrysostomos, ein Hierarch von außergewöhnlichen geistigen Fähigkeiten, unschlagbarer seelischer Kraft und mit reichen und offensichtlichen Gaben der Göttlichen Vorsehung versehen, konnte nicht anders, als sich als herausragende Persönlichkeit innerhalb der Gemeinschaft der großen Kirchenväter, die die Stütze der Kirche ausmachen, auszuzeichnen.

Er ist zweifellos der ruhmvollste Kirchenschriftsteller der byzantinischen - vor allem der frühbyzantinischen - Jahre und der geistige Führer der christlichen Gemeinschaft jener Zeit schlechthin. Die Studien der Kirchenangelegenheiten stellt Chrysostomos bezeichnenderweise als den führenden Geist unter den theoretischen Kirchenvätern dar, deren Oberhaupt Gregorius Theologos ist. In vielen Bereichen steht er sogar über Basilius dem Großen, der, wiederum aufgrund seines sozialen Werkes über allen steht.

Da sich aber Chrysostomos vorwiegend mit den Problemen der Menschen befasste und nicht so sehr mit den theoretischen Kontroversen seiner Zeit, die ihm selbstverständlich bekannt waren, und da der Sinn seines religiösen Lebens darin bestand, durch sein persönliches Beispiel und sein Wort, das sittliche Leben zu erhöhen und die geistigen Kräfte der Christen aufzuzeigen, wird er in der Kirchengeschichte als Kämpfer für das praktizierende christlich ethische Leben und als Märtyrer der christlichen Liebe dargestellt.

Chrysostomos spürte intensiv die Obhut der Göttlichen Vorsehung, die ganz offensichtlich seine Wege im Verlauf seines kirchlichen Lebens und Handelns lenkte. Er selber bezeugte diese Gunst der Göttlichen Vorsehung und sah sie seit seiner Kindheit deutlich sein persönliches Leben bestimmen, so wie es mit allen großen Persönlichkeiten geschieht, die die Göttliche Vorsehung dazu bestimmt, ihr Werkzeug zu werden. Die Göttliche Vorsehung sorgte für günstige Umstände und schuf alle notwendigen Voraussetzungen, damit er die beste Bildung jener Zeit genießen konnte.

Quellenhinweisen zufolge war Chrysostomos Spross einer angesehenen aristokratischen Familie und gehörte aufgrund seiner Abstammung und seiner Bildung den griechischen geistigen Kreisen jener Zeit an. Er wurde zwischen 344 - 354 oder 350-351 - nach jüngster Auffassung des bekannten verstorbenen Professors für Patrologie Pan. Christou - in Antiochien als Sohn frommer Eltern geboren und wuchs in einer christlichen Umgebung auf, die ihm die Wärme seiner Familie und speziell seiner Mutter Anthusa, von der er den feinen Geist und den sensiblen Charakter hatte, bot. Über seine Familie sagte Chrysostomos später: "Mein Vater und mein Großvater und mein Urgroßvater waren sehr fromme und bedeutende Personen". Demnach verbreitete die ganze Familie die geistige Aura der Gottesfürchtigkeit, in der er von frühester Kindheit an mit Besonnenheit und Ernsthaftigkeit geistig erzogen wurde; eine Tatsache, die darauf hindeutete, zu welch großer Persönlichkeit er sich einmal entwickeln würde. Natürlich oblag die Erziehung ausschließlich der äußerst frommen und ehrbaren Mutter Anthusa und seiner Tante Saviani väterlicherseits, da sein Vater Secundus, ein hoher Offizier kurz nach seiner Geburt starb. Für seine Bildung wurde kein Opfer und keine Mühe gescheut noch Geld gespart.

Seine Mutter nutzte die ihr für die bestmögliche Erziehung ihres Sohnes zur Verfügung stehenden Mittel und erwies sich nicht nur als großartige Ernährerin sondern auch als ausgezeichnete Pädagogin. Als sie im Alter von gerade mal 20 Jahren zur Witwe wurde, widmete sie sich mit ganzer Seele ausschließlich der Erziehung des Johannes und sorgte dafür, dass er jede Art von Bildung genoss, die es ihm ermöglichte, sich zu einer vernünftigen und vollkommenen Persönlichkeit zu entwickeln. Sie spielte mit ihrem heiligen Leben aber auch mit ihren vernünftigen Ratschlägen eine entscheidende Rolle in seiner vielfältigen Ausbildung. Sie säte in der Seele des jungen Johannes die ersten Samen der evangelischen Wahrheit und lenkte ihn von klein auf zu einem vollkommenen ausschließlich christlichen Leben. Es hätte auch über seine Mutter Anthusa gesagt werden können, was Gregorius Theologos über die Mutter des Basilius des Großen, Emmelia, gesagt hatte: "Anthousa war das unter den Frauen, was Johannes unter den Männern war." Mit ähnlicher Bewunderung hatte sich der griechische Rhetoriker Libanius später anlässlich der Mutter des Chrysostomos über die christlichen Frauen allgemein geäußert: "Ei, was für Frauen es doch unter den Christen gibt".

Aber die Göttliche Vorsehung sah für ihn außer der hervorragenden Erziehung von Seiten seiner Mutter Anthusa auch die ausgezeichnete Bildung durch vortreffliche Gelehrte und Rhetoriker seiner Zeit vor. Er studierte an der namhaften Rechtsschule der berühmten nationalen Rhetoriker Andragathius und Libanius, von denen er die Wissensschätze der klassischen Antike vermittelt bekam. Als Libanius gefragt wurde, wen er als Nachfolger seiner Schule vorsah, antwortete er, er würde Johannes dafür bestimmen, wenn ihn die Christen nicht bekehrt hätten. Die Christen haben Johannes natürlich nicht bekehrt, denn er ist aus freien Stücken Christ geworden oder wie Tertullian über jede menschliche Seele einmal gesagt hatte, Johannes war von Natur aus eine christliche Seele "anima naturaliter christiana".

Desweiteren studierte Johannes an der Theologischen Schule von Antiochien - dem berühmten "Asketirion" - unter dem ausgezeichneten Gelehrten Karterios und dem frommen Asketen Diodoros, über den er bewundernd sagte:" Die ganze Zeit führte er ein apostolisches Leben, ohne etwas Eigenes zu besitzen, indem er nur von anderen versorgt wurde, sich ausschließlich dem Gebet und dem Lehren des Volkes widmend."

Großen Einfluss auf die Ausbildung seiner religiösen Anlagen und seines Charakters hatte außer seinen Lehrern auch der greise Bischof von Antiochien, der Heilige Meletios, über den Chrysostomos sagte, dass schon allein sein Anblick einen jeden in seinen Bann zog und zur Tugend hinzog. Tatsache ist, dass der Heilige Meletios "von der Intelligenz und der Schönheit des Herzens des Johannes angetan war", ihn zur Kirche führte und taufte (im Alter von ca. 21 Jahren, im Jahre 372).

Chrysostomos´ Studium an der Seite solch vortrefflicher Lehrer führte dazu, dass er eine umfassende und glänzende Bildung genießen konnte und sich schon früh seine ausgezeichneten Fähigkeiten und Leistungen abzeichneten. Ohne Intellektueller oder Philosoph zu sein, zeichnete er sich als klassischer Rhetoriker oder Redner aus, allerdings mehr im Sinne des Lehrers der ethischen Erziehung. Dies ist ohnehin an seiner Sprache und seinem Stil deutlich zu erkennen. Seine rhetorische stilistische Gewandtheit lässt sich zweifellos mit den herausragendsten Rhetorikern der Antike, Demosthenes, Xenophon und Platon, vergleichen. Und obwohl seine Bildung klassischer Natur war, berührte ihn die griechische Philosophie nicht und er empfand niemals das Bedürfnis, sich mit ihr weiter zu beschäftigen. Trotzdem ist der Einfluss der klassischen Studien in seinem literarischen Stil und in der Argumentation aller seiner Werke - besonders in seinen frühen Werken - nicht zu übersehen.

Nach Abschluss seiner weltlichen Studien an den Hochschulen übte Chrysostomos für einen kurzen Zeitraum - wahrscheinlich nur für wenige Monate - den Beruf des Anwalts oder Rhetoriklehrers aus, ein Weg, den auch andere große Väter (Basilius der Große, Gregorius usw.) gegangen waren. Zur Anwaltstätigkeit gehörte (und gehört) u.a. im Dienste eines Klienten zu stehen, seine Ziele zu verfolgen und in seinem Interesse zu arbeiten, was nicht immer den persönlichen Überzeugungen und ethischen Prinzipien des Ausführenden entspricht. Deshalb charakterisiert Chrysostomos, auf die negativen Fälle und Seiten hinweisend, den Beruf "als vollkommen verderblich und betrügerisch" und schon bald stellt er fest, dass der Beruf des Rechtsgelehrten ihn nicht erfüllte, und dass er nicht dazu bestimmt war.

Wie bereits erwähnt, hat er, obwohl er alle Mittel und Voraussetzungen besaß, um sich weiter zu bilden und zu Ruhm und Ehre in der Gesellschaft zu kommen, den irdischen Dingen vollkommen den Rücken zugekehrt. Es ist sinnlos, sagte er, Schatten zu jagen, wie es der Reichtum, die Macht und die Vergnügungen sind, "denn Schatten zu jagen ist das Ding eines Besessenen".

Dem Mönchs- und Asketenleben zugetan, widmet er sich nach seiner Taufe ausschließlich dem Göttlichen und wird ein neuer Mensch, wie sein Biograph Palladius sagt. Von diesem Zeitpunkt an nimmt er keine schlechten Worte, Flüche oder Witze in den Mund und schwört und lügt niemals. In der Abgeschiedenheit findet er das, was er immer gesucht hatte; die Einsamkeit bringt Momente der Konzentration, Selbstprüfung, des Gebets, die den Menschen in die Sphären des Übernatürlichen heben. Grundsatz seines Lebens war das wunderbare: "Habe der geistigen Dinge, stehe über den lebensnotwendigen". Entsprechend ist auch die Feststellung von Basilius dem Großen in seiner Rede "Hüte dich": "Siehe ab vom Körperlichen, denn es ist vergänglich; sorge für die Seele, denn sie ist unsterblich". Jedoch drückt Chrysostomos das Thema der Vergeblichkeit und Vergänglichkeit des hiesigen Lebens in seinen wunderbaren Reden "An Eutropius" mit mehr Gewandtheit und Stärke aus und betont, "dass wir auf Wände und Kleidung, in der Agora und auf den Häusern, auf Straßen, Türen und Eingängen und vor allem im Bewusstsein und im Herzen den Spruch schreiben und immer wieder lesen sollen: "".

Chrysostomos´ Interesse galt vorwiegend dem Werk des geistigen Lebens und der Entfaltung der Menschen, vornehmlich der Bildung der Seelen. Da er der Überzeugung war, dass Theorie und Praxis nicht nur nah beieinander liegen sondern identisch sein sollten, empfand er - wie alle großen Väter - das Bedürfnis, sich zur Isolation und Askese von der Gesellschaft zu entfernen, um die absolute geistige Vervollkommnung und Freiheit mit der Herrschaft des Geistes über die Seele zu erlangen.

Diese Überzeugungen führten ihn zu der Entscheidung, dem Irdischen zu entsagen. Dies geschah nach dem Tod seiner teuren Mutter im Jahre 374. Und zwar erst dann, weil seine Mutter, sobald sie gewahr wurde, dass Johannes beabsichtigte, sich in die Einöde zurückzuziehen, ihn an die Hand nahm und in den Raum führte, in dem sie ihn geboren hatte und mit Tränen in den Augen, jedoch mit der ihm bekannten selben Fürsorglichkeit und Zärtlichkeit, an all das erinnerte - und es war eine Menge - , dessen sie mit ihrer Witwenschaft ihm zuliebe entsagt hatte. "Sie bat ihn darum, sie mit seinem Weggang nicht in einen zweiten Witwenzustand zu befördern und dass er doch eine Weile warten solle, da ihr Ende nicht mehr weit sei". "Außerdem, sagte sie zu ihm, haben die jungen Menschen genug Zeit und Hoffnung dort anzukommen, wo sie hin wollen. Wenn Du mich der Erde übergibst und mich bei deinem Vater begräbst, fuhr sie fort, "dann unternehme weite Pilgerreisen und reise zu welchem Meer auch immer du willst, ohne dass dich jemand hindern wird". Solange ich jedoch noch atme, gedulde dich ein wenig und bleibe bei mir… Hüte dich, sagte sie zu ihm, denn ich habe dafür gesorgt, dass Dir an nichts fehlt, dass du nicht abgelenkt wirst von weltlichen Belangen und dass du befreit bist von der Sorge um die alltäglichen Dinge des Lebens, damit du dein heiliges Werk fortsetzen kannst. Und du musst wissen, fügte sie hinzu, dass keiner dich mehr liebt als deine Mutter, die dich geboren hat…Wenigstens aus diesem Grund, solltest du bei mir bleiben, solange ich lebe…"

Die Worte seiner Mutter siegten offensichtlich über die Gedanken und den Wunsch ihres Sohnes Johannes, seine Liebe zu ihr überwog. Daraufhin verschob Johannes - ohne es zu bereuen - sein Vorhaben und lebte mit seiner Mutter als folgsamer Sohn zu Hause in Antiochien.

Später reiste er zu den heiligen Klöstern - Einsiedeleien, die sich nicht weit entfernt von Antiochien befanden und wie "Lichter von oben erscheinen, denen, die weit weg sind, am Hafen sitzend, und die angezogen werden von deren Ruhe und diejenigen nicht in der Dunkelheit lassen, die zu ihnen blicken." Dann schrieb Chrysostomos auch auf Anregung seiner Freunde, sich auf das monastische Leben beziehend, die hervorragenden Hommilien über die Askese, in denen er betont, dass sein Ziel die Vervollkommnung des Menschen zu einem Leben im Sinne Gottes sei, was kaum erreichbar sei in einer Gesellschaft voller Versuchungen und Verderbtheiten. Diesbezüglich sagt er: "Ich würde mir wünschen, dass die Gesellschaft gut wäre und diejenigen, die in ihr leben nicht in die Einöde müssten, und auch die Asketen, die in den Einsiedeleien leben, nicht kommen müssen, um in ihr zu leben."

Es war nicht in seinem Sinne, die Menschen dazu zu bringen, körperlich der Welt zu entsagen und ihre Städte zu verlassen, sondern ihm ging es darum, das Leben der Gesellschaft, der Städte und der Dörfer entsprechend der Grundsätze des Evangeliums zu formen, denn aus diesem Grund ist er ja schließlich auch geistiger Führer, Lehrer und Prediger geworden.

In derat verwirklichen die Prediger die gesellschaftliche Veränderung innerhalb der Gesellschaft nicht mit materiellen Mitteln, dem Fortschritt der Wissenschaft und der Technologie, die den Menschen Wohlstand und gesellschaftliche Gerechtigkeit bringen. Im Gegenteil, es ist allgemein bekannt, dass Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Verderbtheit, Entartung und Luxus sowie die vielfältigen Genüsse, die ständige Konkurrenz, Hass und Kriege täglich zunehmen. Folglich glaubt niemand von ihnen, dass Trauer, Enthaltung und Schmerz des täglichen Lebens wohltuende Einflüsse auf die Entwicklung eines starken Willens und redlichen Charakters haben. Nur mit viel Mühe, Enthaltung und beharrlichen Übungen und nicht mit einem leichtfertigen Leben voller Wohlstand und Vergnügungen kann der Gläubige Herrscher über seine körperlichen Schwächen werden, sagt Chrysostomos.

Für Chrysostomos diente die Askese keinem reinen Selbstzweck und es ging ihm nicht allein um die persönliche Vervollkommnung. Im Gegenteil, er hielt die Askese für eine ideale Gelegenheit zur Reformierung der Gesellschaft und zur Rettung der Menschen in Verbindung mit dem übrigen geistigen Leben.

Das asketische Leben gab Chrysostomos sicher die Möglichkeit, mit Hilfe des Gebets einfacher mit Gott zu kommunizieren. Chrysostomos war ein Mann des Gebets und der Isolation; er betete ohne Unterlass. Das Gebet ist die Wurzel und gleichzeitig die Nahrung des geistigen Lebens und er sagte, wenn du dir das Gebet vorenthältst, ist es so, als würdest du einen Fisch aus dem Wasser nehmen und erwarten, dass er am Leben bleibt: "Denn so, wie für ihn das Wasser Leben bedeutet, ist es für dich das Gebet". Es ist unmöglich für jemanden, ohne Gebet zu leben: "Es ist unmöglich, ohne Gebet in Tugend zu leben und mit ihr dein Leben zu bestreiten". Die Erfahrung und die Zeugnisse der Betenden zeigen, dass es nichts Stärkeres auf der Welt gibt als das Gebet: "Es gibt nichts Stärkeres als das Gebet und nichts Ebenbürtiges". Dies macht die Menschen zu "Stätten Christi", dies ist die höchste Tugend: "Der Reichtum jedes Guten bringt Rettung und ewiges Leben hervor". Deshalb riet er den anderen, ständig zu beten: "Bete, wenn du im Bad bist und auch auf der Straße und im Bett, wo immer du dich befindest, bete." Denn auf diese Weise werden sie sich glücklich und selig fühlen "in der Herrlichkeit Gottes".

Parallel zum ständigen Gebet bot die Askese Chrysostomos den idealen Rahmen, um die Heilige Schrift ausführlich zu studieren, was die Seele in dauerndem Austausch mit Gott hält. Chrysostomos sah sogar den Grund für alles Schlechte in der Gesellschaft und im Alltag der Menschen darin, dass "sie nicht die Schrift lesen". Das Lesen in der Heiligen Schrift war seine Zuflucht vor allen Versuchungen seines unruhigen Lebens, und nur darin fand er Ruhe und Erleichterung. Er riet den Gläubigen, die Heilige Schrift zu lesen, auch wenn ihre wahre Bedeutung ihnen oft nicht verständlich sei. Durch das immerwährende Lesen der Heiligen Schrift wurde Chrysostomos so vertraut mit deren Inhalt und erlangte ein so tiefes Verständnis, dass er, nach allgemeiner Auffassung, sie am geschicktesten und am fähigsten auslegen konnte. Er verfasste unzählige Predigten, mindestens 700, und unvergleichlich schöne und kraftvolle interpretierende Hypomnemata (Hinweise) sowie andere Werke.

Chrysostomos lebte sechs Jahre als Asket und Einsiedler in den Klöstern und Klausen in ständigem Gebet und Studium der Heiligen Schrift und vor allem in Enthaltsamkeit und Abhärtung neben bekannten Asketen jener Zeit.

Dort plante er seine Tätigkeit als Reformator der Seelen, er bereitete sich auf seine große Bestimmung in der Welt vor und fällte seine Entscheidungen über seinen Einsatz und sein geistliches Wirken in der Gesellschaft. Und natürlich wusste er nur zu gut, dass jede geistige Tätigkeit in der Gesellschaft unvermeidbar die entsprechende Reaktion der Menschen hervorruft. Diese Tätigkeit begann er mit der Aufnahme des Werks, das er innerhalb der Kirche und der Gesellschaft mit ihrer Gnade und ihrem Segen vollbringen wollte.

Deshalb wurde er nach seiner Askese in der Wüste, bei seiner Rückkehr in die Gesellschaft von Antiochien vom Bischof der Stadt, Meletios, dem er auch bei seinen täglichen Kirchenpflichten half, zum Diakon (381) geweiht. Über sechs Jahre blieb Chrysostomos ein einfacher Diakon und widmete sich in diesem Zeitraum dem Verfassen wertvoller Schriften (wie "Über das Jungferntum" u.a.") und der lehrenden Aufgabe.

386 wurde er vom Nachfolger des Meletios, Flavian, zum Presbyter geweiht und als Presbyter drückte er damals in seiner ersten Rede von der Kanzel seine Ehrfurcht aus, sich dem Altar zu nähern und wie er sagte, erschien es ihm unglaublich, dass er als Schüler vor dem Kirchenrat reden sollte. Genau dieser Kirchenrat stellte dann fest, welchen besonderen und hervorragenden Rhetoriker man vor sich hatte und nahm mit größter Zufriedenheit die großen Proben seiner herausragenden Fähigkeiten wahr. Vielleicht wurde sich Chrysostomos auch selbst zum ersten Mal seiner hervorragenden Gabe der Redekunst gewahr, die ihm die Göttliche Vorsehung gegeben hatte. Er war nämlich ein begnadeter Redner und zog seine Zuhörerschaft mit seiner Gewandtheit und der Stärke seiner Sprache von Anfang an in Bann.

So predigte er zwölf Jahre lang als Presbyter in Antiochien und weitere sechs Jahre als Erzbischof Konstantinopels immer wieder: "Ich würde dies auch gerne nachts tun und gespalten in 1000 Stücke mit euch sein und reden". Seine Seele war beherrscht von der Leidenschaft, das Wort Gottes zu verkünden und aus diesem Grund suchte er alle Kirchen der Stadt auf. Seine Predigten zeichneten sich durch seine Unmittelbarkeit und seine Überzeugungskraft aus, worin auch sein erfolgreichstes Mittel bestand, auf die Menschen und die Gesellschaft Einfluss zu nehmen. Von diesen Predigten und von seinen Reden stammen die unzähligen hermeneutischen Werke der Bücher der Heiligen Schrift.

Chrysostomos war innerlich davon überzeugt, dass die kirchlichen Führer Liturgen und Werkzeuge Christi auf der Erde sind. Vor allem seine Ausführungen über die Bestimmung des Klerikers in seinem herausragenden Werk "Über das Priesteramt" sind großartig.

Während seiner Amtszeit als Presbyter in Antiochien wurde die Stadt von erschütternden Ereignissen heimgesucht. Die Einfuhr hoher Steuern führte zu einer großen gewalttätigen Revolte der Bevölkerung von Antiochien gegen den Kaiser Theodosios I. und seine Regierungsbeamten. Sie zerstörten sogar die Statuen und Denkmäler des Kaisers und seiner Familie (seines Bruders, seiner Ehefrau Flacillia und seiner beiden Kinder). Die Nachricht ihrer Zerstörung erreichte den Kaiser unverzüglich. Er fühlte sich provoziert und wurde so wütend über die unselige Tat, dass er beschloss, die Stadt in einem Vergeltungsschlag vollkommen zu zerstören und ihre Einwohner auszulöschen. So begannen die Verfolgungen und Festnahmen. Die Bevölkerung von Antiochien verließ voller Panik und verzweifelt die Stadt und flüchtete in die Berge und Einöden, wo viele durch Hunger und Mühsal den Tod fanden. Andere wiederum flüchteten in die Kirchen (die Stadt starb praktisch aus).

Damit war die Zeit für Chrysostomos gekommen, die Zeit für die Kirche, die den einzigartigen Vorteil besitzt, in schwierigen Zeiten der Geschichte - wenn andere, die Verantwortlichen und Zuständigen oder Sonstige schweigen oder opportunieren - durch ihre Vertreter nur die Wahrheit zu predigen, dem Volk nahe zu stehen, zu trösten und Hoffnung zu spenden.

In der aussichtslosen Situation und Verzweiflung der Einwohner von Antiochien erschien Chrysostomos, der während der gesamten Fastenzeit seine berühmten Predigten, wie beispielsweise "Über die Statuen" hielt. Dadurch versuchte er, aufgrund der psychischen Verfassung der Bewohner letztendlich mit Erfolg, die zurückgebliebenen angsterfüllten Antiochier aufzubauen und ihnen Hoffnung zu geben, indem er seine Predigten mit folgenden Worten begann: "Was soll ich sagen, was soll ich verkünden? Die momentane Zeit ist die der Tränen, nicht der Worte, der Klagen und nicht der Reden, des Gebets und nicht der Volksreden. Wer hat uns verhext, meine Lieben? Wer hat uns beneidet? Woher kam solch eine Veränderung? Nichts war in unserer Stadt ehrwürdiger, nichts ist jetzt unseliger geworden…, nichts war in unserer Stadt vorher seliger, nichts ist jetzt trauriger geworden.

Ohne Krieg die Flucht, ohne Kampf der Widerstand…Stille überall voll Schrecken und Einöde; Berge nehmt die Trauer; Berge nehmt das Klagen…denn es gibt keinen Gleichgesinnten des Gefrevelten auf der Erde; denn es ist der König, Spitze und Kopf der Menschen auf der Erde. Und aus diesem Grund flüchten wir zu dem höheren König, ihn rufen wir um Hilfe an…" Mit diesen und ähnlichen Worten empfahl er die Buße und die Rückkehr der Antiochier, die reumütig die Bußpredigt annahmen und sich besannen, "der Ausschweifende wurde besonnen, der Kühne maßvoll, der Leichtsinnige rechtschaffen, diejenigen, die nie eine Kirche gesehen hatten, aber im Theater verweilten, verbringen nun den ganzen Tag in der Kirche."

Gleichzeitig intervenierte er bei den Machthabern und erreichte mit seiner persönlichen Autorität und seinen überzeugenden Reden, dass sie die Verfolgungen und Verhaftungen der Bürger einstellten und dass die zum Tode verurteilten Inhaftierten nicht exekutiert wurden. Bischof Flavian reiste indessen, trotz objektiver Schwierigkeiten (der schlechten winterlichen Wetterverhältnisse, seiner persönlichen gesundheitlichen Probleme aufgrund seines hohen Alters sowie jener seiner Familie, seine Schwester lag im Sterben, und trotz der Osterfeierlichkeiten, die ihn zwangen bei seiner Gemeinde zu bleiben) nach Konstantinopel. Dort schaffte er es, mit der ihm eigenen Ruhe und mit beharrlichen Anstrengungen den Kaiser zu besänftigen. Sein Eingreifen hatte Erfolg. Und Chrysostomos sagte: "Der Kaiser ist ein Menschenfreund, der Bischof kann sich durchsetzen, aber vor allem ist Gott barmherzig."

Die gute Nachricht erreichte die Antiochier schnell und ihre Verkündung feierte das Volk mit unbeschreiblicher Erleichterung, so dass Chrysostomos in einer entsprechenden Rede sagte: "Gesegnet sei der Herr, der uns mit diesem heiligen Fest, mit viel Freude und Frohsinn heute würdigt und dem Körper den Kopf zurückgibt und den Schafen den Hirten". So endete jene große Prüfung der Antiochier, während der Chrysostomos ihnen nicht nur Trost spendete und ihren Glauben an Christus weckte sondern sie zu wahren Christen machte. Seine Tat rettete die Stadt vor der sicheren Zerstörung, und wie er treffend sagte: "Ein Mensch, der vor Eifer glüht, reicht aus, um eine ganze Gemeinde zu verbessern." Es scheint aber, dass die Wandlung einiger nicht von Dauer war und nur so lange anhielt, wie die Bedrohung für die Einwohner und die Stadt bestand, denn Chrysostomos drückt im Weiteren seine tiefe Trauer aus, da er seine Predigten für vergeblich und sinnlos hielt. Er wollte, dass möglichst alle heilig würden, zu Auserwählten Gottes auf der Erde.

Für Chrysostomos war die Rettung der Seelen der Christen das wertvollste Anliegen und die Größe seiner reifen Seele zeigte sich auch in anderen schwierigen Momenten für die Bewohner von Antiochien. Diese bestanden in häufigen feindlichen Angriffen, Hungersnöten (es sei darauf hingewiesen, dass die Kirche von Antiochien mehr als 3.000 zu Unrecht Leidende, Witwen, Waisen, Kranke, Inhaftierte, Alte, Fremde etc. ernährte) aber auch Erdbeben, die durch ihre Zerstörungen den Einwohnern großes Unglück und Verzweiflung bereiteten. In solchen Situationen war Chrysostomos - wie es einem Hierarch, einem geistigen Führer entspricht - erneut dem Volk nah; er stand ihm bei und spendete Trost und Hoffnung. In einer entsprechenden Rede sagt er: "Habt ihr Gottes Stärke gesehen, habt ihr Gottes Menschenliebe gesehen? Mit seiner Kraft hat er die Ökumene aufgerüttelt und mit seiner Menschenliebe hat er sie wieder gefestigt… Denn obwohl das Erdbeben vorbei ist, bleibt die Furcht. Obwohl diese Aufregung vorbei ist, soll die Ehrfurcht nicht gehen. Drei Tage haben wir mit Litaneien verbracht. Aber lasst uns den Eifer des Gebets nicht beenden. Deswegen fand das Erdbeben statt, wegen unserer Leichtsinnigkeit. Ihr ward leichtsinnig geworden und es kam das Erdbeben…"

Der heilige Vater trat mit dem gleichen Erfolg auch den Glaubensfeinden, den Judäern und den Häretikern gegenüber, die Gemeinde erleuchtend, für die er eine unbegrenzte und wahrhaftige Liebe empfand.

Der Ruhm dieses feurigen Presbyters Johannes breitete sich nicht nur in der Gegend von Antiochien sondern auch in allen Gebieten des Ostens und Westens, ja im ganzen Kaiserreich aus. Folglich erreichte er auch die Hauptstadt des Kaiserreichs, Konstantinopel, und als der Patriarch von Konstantinopel, Nektarios, starb, sah das Volk seine wohlbekannten Fähigkeiten und sein unbeugsames Ethos kennend, ihn als "Wissenschaftler des Priestertums", wie sein Biograph sagt. Aber da sie wussten, dass Chrysostomos nicht einwilligen würde, den leeren Thron des Patriarchen zu besteigen und das Amt ausschlagen würde, benutzen sie einen Vorwand, unter dem Chrysostomos dazu gebracht wurde, aus der Stadt zu reisen, wo er dann entführt wurde, und weder er noch sein Volk wusste, wohin er gebracht werden sollte.

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